Page 18 - MAO TSE-TUNG AUSGEWÄHLTE WERKE Band I .indd
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                die ganze Ernte ihnen gehört. Deshalb sind die Halbbesitzer revolu-
                tionärer gesinnt als die  Bauern  auf Eigenland,  aber  weniger revolu-
                tionär  als  die  armen  Bauern.  Die  armen  Bauern  sind  Pächter  auf
                dem Lande und werden durch die Grundherren ausgebeutet. Der
                wirtschaftlichen Lage nach kann man die armen Bauern wiederum
                in zwei Gruppen teilen. Die erste Gruppe besitzt verhältnismäßig
                ausreichende Ackergeräte und gewisse Geldmittel. Diese Bauern
                können die Hälfte des Jahresproduktes ihrer Arbeit behalten. Das
                Fehlende decken sie durch Anbau verschiedener Nebenkulturen,
                durch Fisch- und Krabbenfang, Hühner- und Schweinezucht oder
                teilweisen Verkauf der eigenen Arbeitskraft, bestreiten so mit Mühe
                und Not ihren Unterhalt. Unter schweren materiellen Bedingungen
                lebend, denken sie nur daran, wie sie bis zur neuen Ernte durchhalten
                können. Ihr Leben ist somit schwerer als das der Halbbesitzer, aber
                dennoch leichter als das der zweiten Gruppe der armen Bauern. Sie
                sind revolutionärer gesinnt als jene, aber weniger revolutionär als
                diese. Die der anderen Gruppe angehörenden armen Bauern besitzen
                weder ausreichende Ackergeräte noch Geldmittel, haben nicht genü-
                gend Dünger, bringen kärgliche Ernten ein, und nach Entrichtung
                des Pachtzinses bleibt ihnen fast nichts übrig, so daß sie noch mehr
                genötigt sind, einen Teil ihrer Arbeitskraft zu verkaufen. In Hunger-
                jahren und sonstigen Notzeiten erflehen sie von ihren Verwandten
                und Freunden leihweise einige Maß Getreide, um sich zunächst einmal
                ein paar Tage durchzuschlagen; ihre Schulden häufen sich wie die
                Last auf dem Rücken der Zugochsen. Diese Gruppe der armen Bauern
                stellt den elendsten Teil der Bauernschaft dar; sie ist für revolutionäre
                Propaganda überaus empfänglich. Was die kleinen Handwerker
                betrifft,  so  werden  sie  deshalb  als  Halbproletariat  bezeichnet,  weil
                sie, obwohl sie einige primitive Produktionsmittel besitzen und
                überdies als Selbständige gelten, dennoch ebenfalls häufig gezwungen
                sind, teilweise ihre Arbeitskraft zu verkaufen, und ihre ökonomische
                Lage etwa der der armen Bauern im Dorf entspricht. Der ewige
                Druck der Armut — die schwere Last der Ausgaben für den Unterhalt
                der Familie, das Mißverhältnis zwischen Einkommen und Existenz-
                minimum — und die ständige Furcht vor Arbeitslosigkeit bringen sie
                im großen und ganzen ebenfalls den armen Bauern nahe. Die
                Handlungsgehilfen  sind  Angestellte  der  Handelsunternehmen  und
                bestreiten  den  Unterhalt ihrer Familien  mit  einem  bescheidenen
                Gehalt; während die Warenpreise von Jahr zu Jahr steigen, wird eine
                Gehaltszulage gewöhnlich nur einmal in mehreren Jahren gewährt.
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